Leseprobe aus

 

 

Meeresherzen im Sturm der Liebe 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hannes

 

Was war das denn bitte? Die knallrote Jacke kannte er doch! Wie ein leuchtender Farbklecks bewegten sich die Jacke und ihre Besitzerin zu seiner Linken durch die verschneite Landschaft. Allerdings war er sich sicher, dass sie sich nicht auf dem markierten Weg befand, dazu kannte er sich in dieser Gegend zu gut aus.

Nein, diese Frau stapfte allen Ernstes mitten durch die Dünen und da verstand er nun wirklich absolut keinen Spaß.

Sofort lenkte Hannes seine Schritte in ihre Richtung, immer darauf bedacht, nicht selbst etwas zu zerstören. Vermutlich hatte sie ihn noch nicht bemerkt, denn der dichte Schneefall schränkte das Blickfeld ziemlich ein.

Der rote Fleck taumelte eher, als dass er zielstrebig ging und wenn er sich nicht irrte, humpelte die Frau und fluchte vor sich hin.

Trotzdem erhob er grimmig die Stimme, als sie in Hörweite war. »Das hier ist Schutzgebiet. Was hast du bitte in den Dünen zu suchen?«

Der rote Fleck hielt inne. Anscheinend hatte sie ihn gehört. 

»Besucher dürfen sich nur auf den ausgewiesenen Wegen aufhalten oder am Strand«, ergänzte er unwillig und wartete, bis sie bei ihm ankam. Wenigstens versuchte sie nicht abzuhauen. Doch bei ihrem schleppenden Gang hätte er sie ohnehin mühelos eingeholt. 

Sie schien vollkommen fertig zu sein. In ihren Haaren hingen Schneeflocken, selbst auf den Augenbrauen und Wimpern hatten sich die weißen Kristalle niedergelassen. Ihre ganze Gestalt wirkte abgekämpft und erschöpft. 

Sein gutes Herz gewann die Oberhand über den pflichtbewussten Ranger in ihm. Statt weiter mit ihr zu schimpfen, reichte er ihr seine Hand. »Alles in Ordnung?« 

Schon bereute er seine harschen Worte von eben. Vielleicht hatte sie in dem Schneetreiben auch einfach nur den Weg verfehlt. Hannes glaubte gerne an das Gute im Menschen und dieses Wesen hier wirkte total erschöpft und verloren.

»Nein«, brachte sie kläglich hervor. »Nichts ist in Ordnung, ich bin total verfroren, dahinten bin ich umgeknickt, habe mir vermutlich den Knöchel verstaucht und muss unbedingt ins Warme.«

»Na, dann komm mal mit.«

Kurzentschlossen packte er ihre Hand, die eiskalt war und zog sie mit sich in Richtung der kleinen Schutzhütte. Eigentlich hatte er schon längst dort drin sitzen wollen, doch der bunte Punkt in der Landschaft hatte ihn noch ein paar Minuten länger draußen verweilen lassen, um sie mit seinem Feldstecher zu beobachten.

»Wir sind gleich da.«

»Wo sind wir gleich?« 

Hoffnung und Trotz hielten sich bei dieser Frage die Waage.

»In der Hütte. Dort kannst du dich aufwärmen.«

»Klingt gut.«

 

 

Ende der Leseprobe